Die Gegentribüne des kleinen Stadions an der Kaiserlinde wackelte, es gab keinen Fan des FC Schalke 04, den das kalt ließ, was seine Mannschaft bei der SV Elversberg am Freitagabend zeigte.
Durch eine überragende Leistung in der zweiten Halbzeit fertigten die Königsblauen den Zweitliga-Tabellenführer mit 4:1 (1:1) ab. Sie schlossen das chaotische Jahr 2024 mit einer Gala ab und schafften den Anschluss ans Tabellen-Mittelfeld. Jetzt können sie beruhigt Weihnachten feiern.
Nach zwei starken Leistungen in Folge (4:2 in Paderborn, 1:1 gegen Düsseldorf) waren die Schalker bereits am Donnerstag bestens gelaunt angereist, Kaderplaner Ben Manga freute sich gar auf eine Premiere. In seiner Laufbahn als Scout hatte er zwar die ganze Welt gesehen, aber noch nie das kleine 13.000-Einwohner-Dörfchen Spiesen-Elversberg im Saarland.
Beim Aufwärmen aber verflog die gute Laune. Paul Seguin, in den vergangenen Wochen unverzichtbarer Dirigent, musste wegen einer Wadenverletzung passen. Für ihn rückte Max Grüger in die Startelf.
Schalke: Heekeren - Bulut, Schallenberg, M. Kaminski, Murkin (79. Hamache) - Grüger, Bachmann (60. Kalas), Aydin (70. Gantenbein), Karaman (79. E. Höjlund), Antwi-Adjei (70. Donkor) - Sylla
Tore: 0:1 Karaman (11.); 1:1 Sickinger (25.); 1:2 Sylla (55.); 1:3 Schallenberg (67.); 1:4 Sylla (75.)
Gelbe Karten: Boss, Pinckert, Baum - Murkin
Bei komplizierten Bedingungen - es war eiskalt, der Rasenplatz durch den Regen der Vortage tief - benötigten die Schalker einige Momente, um ins Spiel zu finden. Innenverteidiger Ron Schallenberg vertändelte in der fünften Minute am eigenen Strafraum den Ball. Muhammed Damar tauchte frei vor S04-Torwart Justin Heekeren auf, der lange stehen blieb und den nicht platzierten Schuss abwehren konnte.
Schwer fand Schalkes zuletzt so starke Offensive ins Spiel, erst in der elften Minute tauchte S04 erstmals gefährlich im gegnerischen Strafraum auf. Nach einem Querpass von Mehmet Can Aydin schnappte sich Kapitän Kenan Karaman den Ball, umkurvte die halbe Elversberger Abwehr und schlenzte den Ball ins Netz - Schalke führte 1:0, Karaman legte im internen Torjägerduell mit Moussa Sylla vor, führte nun 10:9.
Sicherheit aber brachte dieser Treffer nicht. Die Elversberger hinterließen den besseren Eindruck, sie wurden aber nur bei Schalker Fehlern gefährlich. In der 19. Minute stand Maurice Neubauer ganz frei, seinen Flachschuss konnte Heekeren zur Ecke lenken. Sieben Minuten später schoss SVE-Kapitän Carlo Sickinger aus 22 Metern Entfernung aufs Tor, weder feste noch platziert. Doch Heekeren ließ den Ball durch seine Hände ins Netz rutschen. Das 1:1, ein ganz klarer Torwartfehler.
Beim gerechten Unentschieden blieb es vor 9500 Zuschauern bis zur Pause - auf der Tribüne stand ein langjähriger Schalker, dem die Bedingungen in Elversberg gefallen hätten: Jermaine Jones, langjähriger ruppiger Mittelfeld-Kämpfer, schaute zu.
Die zweite Hälfte glich zunächst ein wenig der ersten. Wieder war das Spiel erst einmal zerfahren - und erneut nutzten die Schalker ihre erste Torchance. In der 55. Minute eroberte Mehmet Can Aydin mit einem beherzten Einsteigen gegen Damar den Ball. Über Janik Bachmann und Derry John Murkin kam der Ball zum bis dahin unsichtbaren Sylla, der genau richtig stand und das 2:1 erzielte. Er zog mit Karaman gleich, auch für ihn war es das zehnte Saisontor. Die Elversberger Fans protestierten, riefen „Schieber“, sie hatten ein Foul von Aydin an Damar gesehen. Doch der Video-Assistent meldete sich nicht.
Für die Elversberger, die zuvor vier der fünf vorherigen Spiele gewonnen hatten und dafür gelobt wurden, niemals aufzugeben, war Syllas Kopfballtor ein Wirkungstreffer. Ihnen fehlte nun der Mut, der sie eigentlich ausgezeichnet hatte. Und sie wurden fehleranfälliger. In der 67. Minute lief Lukas Petkov in das Schalker Gegenpressing und leistete sich einen bösen Fehlpass. Sylla eroberte den Ball, spielte schnell auf Karaman, der Torjäger bewies diesmal die perfekte Übersicht. Seine Flanke verwandelte Ron Schallenberg per Kopf zum 3:1. Wieder wackelte die Gegentribüne des Elversberger Stadions.
Elversberg gelang kaum noch Entlastung, die Schalker Gala ging hingegen weiter. Nach einem Querpass von Adrian Gantenbein schoss Moussa Sylla in der 75. Minute sogar das 4:1 und führt nun das interne Ranking gegen Karaman mit 11:10. Der Rest des Spiels war ein Schalker Schaulaufen, das so vor dem Anpfiff niemand erwartet hätte. In der Rückrunde können die Königsblauen sogar nach oben schauen: Sie stehen nur noch acht Punkte hinter Elversberg.